Verschwindet Weihnachten wie das Eis an den Polen?

Mein Weihnachtsgruß in diesem Jahr birgt einen Gedanken, von dem ich hoffe, er wird diskutiert und widerlegt: Der Sinn von Weihnachten – verschwindet er, so wie das Eis an den Polen? Es ist eine Frage, die nicht nur den Kopf beschäftigt, sondern tief in unsere Seele reicht. Denn beides, das Schmelzen der Gletscher und das vermeintliche Verblassen des Weihnachtsgedankens, ist mehr als nur ein äußerer Wandel. Es ist ein Spiegel unserer inneren Welt, unserer Werte und unseres Umgangs mit der Zeit. Oder, was ist der Wert unserer Werte?

Das Weihnachtsgefühl: Ein innerer Nordstern?

Weihnachten ist mehr als ein Datum im Kalender. Es ist eine Zeit, die einen Funken Wärme in der Dunkelheit des Winters entzündet – ein Moment, der uns daran erinnert, was es heißt, Mensch zu sein. Doch dieser Funke scheint oft kleiner zu werden. Die Lichterketten blinken in den Schaufenstern, die Werbespots versprechen, dass Glück käuflich sei, und doch fühlen sich viele von uns leer. Nicht das warme Gefühl von Verbundenheit durchzieht uns, sondern ein dumpfes Ziehen, das uns fragt: „Wo ist das Leuchten in den eigenen Augen, das ich als Kind spürte, geblieben?“ Wo der Sinn von Weihnachten, das Erkennen des Lichts in jedem von uns, die Unschuld der Schöpfung, die immer wiederkehrende Geburt als das Fest des Lebens?
Vielleicht verloren wir den Nordstern, diesen inneren Kompass, der uns sagt, dass Weihnachten nicht in den Dingen liegt, sondern in der Tiefe unserer Beziehungen, unserer Hoffnungen und unserer Fähigkeit, die tägliche Geburt freudig zu feiern (ein tägliches Weihnachten).

Das Schmelzen des Eises: Ein Bild für unsere Psyche

Wie das Eis an den Polen ist auch unsere innere Welt anfällig. Wenn die Temperatur unserer Zeit – getrieben von Hetze, Erwartungen und Druck – immer weiter steigt, verlieren wir den festen Boden, auf dem wir stehen. Der Wald verschwindet. Das Eis schmilzt. Die Biodiversität rinnt uns davon.
Das Verschwinden des Polareises ist nicht nur eine ökologische Katastrophe, sondern auch ein Symbol für unser Gefühl der Verlorenheit. So wie die Gletscher zerbrechen, scheint auch unser Halt in den Werten zu schwinden, die einst so stabil schienen. Das Vertraute löst sich auf, Konsum, Daten, Algorithmen und KI übernehmen – zurück bleibt ein Gefühl der Unsicherheit, der Hilflosigkeit – und der Trennung.

Was macht das mit uns?

Der Verlust des Weihnachtsgefühls und der schwindende Schnee der Pole berühren uns psychologisch auf ähnliche Weise. Beides erzeugt Trauer – eine stille, schwer greifbare Trauer, meist im Unbewussten vergraben. Wir trauern um eine Welt, die wir zu kennen glaubten, um den Verlust der angeblichen Sicherheit – und um uns selbst, verloren in der Welt.
Wir spüren, dass wir etwas verlieren, wissen aber nicht, wie wir es aufhalten können. Diese Ohnmacht zerrt an unserer Psyche, lässt uns manchmal taub werden oder in den Lärm der Ablenkung flüchten. Tief in uns wächst eine Sehnsucht nach der Wahrheit. Wir wollen die Polarlichter am Horizont und die Wärme des Weihnachtszaubers zurückholen – nicht, weil sie materiell sind, sondern weil sie uns Halt geben und uns zurückführen (könnten) zu unseren eigenen wahren Natur.

Ein Rückweg zu uns selbst

Doch so wie das Eis an den Polen nicht unvermeidlich schmelzen muss, so ist auch der Sinn von Weihnachten nicht unwiderruflich verloren. Es beginnt mit einer bewussten Entscheidung: innezuhalten, (siehe auch mein Buch formatio naturalis) zu fragen, was uns wirklich bewegt. Und vor allem, wieder Verbindung zu suchen – zu anderen, zur Welt und ganz besonders zu uns selbst. Es braucht ein neues altes Weihnachtsgefühl, eines, das die Hektik ausklammert und die Stille begrüßt. Die Rettung des Sinns ist einfach und doch so schwer: weniger tun und mehr sein. Oder anders ausgedrückt, den Verstand unter die Herrschaft des Herzens zu stellen. Mit einem ehrlichen Gespräch bei Kerzenschein, mit einem bewusst geschenkten Lächeln, mit einem stillen Spaziergang im Wald – das sind die Dinge, die die innere Leere füllen.

Was bleibt?

Mit einer Portion Achtsamkeit können wir den Sinn von Weihnachten auch im Konsumrausch bewahren – wie mit einer veränderten Haltung, die Pole. Denn letztlich sind Weihnachten und die Welt ein und dasselbe: sie spiegeln wider, wer wir sind und wer wir sei wollen. Mit der Rettung der Werte, retten wir das Weihnachtsfest und wir retten ein Stück von uns selbst.

 

Liebe Leserin und Leser, ich wünsche Ihnen Frohe Festtage voller gemeinsamer Stunden und mit dem wunderbaren Klang der Stille.

Ich bedanke mich für die zahlreichen Kooperationen, für jede Begegnung in 2024 und auch für den Zuspruch zu meiner freien Arbeiten!
Und voller Neugier erwarte ich Ihre Herausforderungen, für die ich im kommenden Jahr 2025 kreativen Lösungen finden werde – versprochen!

Ihre Dr. Sybs Bauer

 

Image: created with Midjourney

 

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