Alexander von Humboldt
Die ganzheitliche Naturbetrachtung
Einer der bedeutendsten Naturforscher, der nicht nur durch seine Entdeckungen, sondern auch durch seine einzigartige Herangehensweise an die Natur hervorsticht, ist Alexander von Humboldt (1769 – 1859). Seine ganzheitliche Sicht der Natur revolutionierte bereits vor über 200 Jahren das Verständnis der Wissenschaft und gilt als Vorläufer unserer modernen Umweltbewegung. Grund genug für TerraX (ZDF) einen Blick auf das Leben und die 5-jährige Reise durch Südamerika dieses außergewöhnlichen Denkers zu werfen. Warum Sie über Humboldt hier lesen? Lesen Sie bitte weiter.
»Der Mensch muss das Große und das Gute wollen.«
Bei TerraX wird der Natuforscher Demokrat genannt, ich würde ihn Humanist nennen oder noch besser Naturist, in dem Sinne, dass er jedes Lebewesen, jede Pflanze und jeden Berg gleichwertig schätzte und respektierte – unabhängig seiner Form, Farbe oder Herkunft. Er war angetrieben, um die Vielfalt zu erkunden, das Innere der Welt zu verstehen und seine Forschungen weiterzureichen.
Humboldt war durch seine Forschung überzeugt, dass alles in der Natur miteinander verbunden ist. Er betrachtete die Pflanzen, Tiere oder geografischen Gegebenheiten nicht isoliert, sondern erkannte, dass komplexe Netzwerke von Beziehungen existieren. Seine Ideen, die Natur als einheitliches Ganzes zu sehen und die Wechselwirkungen in der Natur aufzuzeigen waren bahnbrechend. Die äußeren Erscheinungen bezauberten ihn, doch sein Hauptinteresse lag im Verstehen-wollen dieser Wechselwirkungen zwischen Klima, Atmosphäre, Pflanzen, Tieren und dem Menschen. Bereits vor 200 Jahren beschrieb er die Phänomene wie Klimazonen, Ökosysteme und den Einfluss des Menschen auf die Umwelt. Er wusste, wenn der Mensch weiterhin in die Natur eingreift, bleibt es nicht ohne negative Folgen und so beschrieb er vor über 200 Jahren unsere heutige Lage.
Seine Erkenntnisse verbreiteten sich auf der ganzen Welt. Zum einen, weil er in der Welt zu Hause war, zum anderen, weil er in Berlin öffentlich über seine Reise und über die Natur sprach – für Mann und Frau (!) ohne Eintrittsgeld zu verlangen. Sein Wissen trug dazu bei, die Natur anders zu betrachten, sie zu lieben und von ihr zu lernen.
Er war ein faszinierend intelligenter Forscher, Zeichner und ein perfekter „PR-Manager“ in eigener Sache. Bedauerlicherweise wurde Darwins Buch in seinem Todesjahr veröffentlicht. Zu schön wäre es gewesen, seine Antwort auf Die Entstehung der Arten lesen zu können. Denn die Unterschiede zwischen den beiden Forschern hätte nicht größer sein können.
„Das Vermächtnis“, ein Denkmal
Als ich in Venezuela lebte, feierte 1999 das Land die Jährung der Ankunft Alexander von Humbodt und Aimé Bonpland in Cumaná vor 200 Jahren für ihre folgende 5-jährige Südamerikareise. Um Humboldt zu ehren, beauftragte mich die Deutsche Botschaft Caracas, ein Denkmal zu entwerfen. Meine Antwort war eine Interpretation Alexander von Humbolt’s Vermächtnisses. Dahinter stand der Gedanke, dass er nicht wirkliches etwas Neues schuf, dafür vieles über die Natur lernte und weiterreichte. Er lernte von den Menschen, denen er begegnete und benannte erstmalig unzählige Tiere, Pflanzen und Flüsse. Er erforschte alles in einer Tiefe und verbreitete ganz bewusst (und gekonnt) sein Wissen. Ihm war es wichtig, dass viele Menschen, die Einzigartigkeit der Natur und die sensiblen Zusammenhänge verstehen lernten.
Nach den ersten Skizzen baute ein 1:10 Modell aus Kinderknete – etwas anderes konnte ich nicht auftreiben. Es diente der Bronzegießerei Martin Toledo in Caracas als Vorlage für ein 1:1 Tonmodell für den folgenden Bronzeguss in einer verlorenen Form. Eine großartige Gießerei, deren Arbeiten auch mehrfach in Deutschland zu finden sind, u.a. steht eine Büste von Simon Bolívar im Hamburger Rathaus.
Jeden Tag fuhr ich in die Gießerei, inmitten eines Rancho-Gebiets, und begleitete auch den Aufbau des Denkmals in Cumaná. Gerade mal 6.000 DM durfte der Guss kosten und mir blieben knappe 6 Wochen Zeit von der Skizze bis zur offiziellen Eröffnung. Bedingungen, die selbst in der Schweiz unmöglich schienen. Insgesamt hatte ich eine grandiose Zeit in der Werkstatt mit unvergesslichen Erlebnissen!
Zur Feier am 16. Juli 1999 fand sich fast ganz Südamerika in Cumaná zusammen. Aus Kuba, Costa Rica, Bolivien, Ecuador, Peru, Venezuela und den USA reisten Delegationen an. Aus Deutschland enthüllte Dr. Vollmer, der zweite Mann nach dem damaligen Aussenminister Joschka Fischer, das Denkmal. Im Anschluss seiner Rede hatte ich die Chance ein paar Worte zu sprechen. Meine Rede finden Sie hier auf spanisch zum Nachlesen.
Die hohe Aufmerksamkeit für diesen Ankunftstag von Alexander von Humboldt und Aimé Bonpland in Venezuela war verständlich. Die Presse über das Denkmal hoch. Das schönste Feedback bekam meine Arbeit von der berühmten deutschen Künstlerin, Luisa Richter (1928-2015), die seit vielen Jahren in Caracas lebte:
»… Die Symbolik, die Sybs Bauer zur Ehrung Alexander von Humboldts benützte, lädt zum weiterforschen ein und kann soit alös eine Umsetzung d er Gedankenwelt Alexander von Humboldts verstanden werden: »El concocimiento Y el entendimiento son la alegrá y la razón de ser de la Huminidad.« Dieses Konzept der Gestaltung ist nicht nur Sinnbild des Wissens Humboldts, sondern berücksichtigt auch die Umstände in Cumaná, wie Z.B. die Wichtigkeit des Lernens und Lehrens, und die Liebe zur Natur im Sinne Humboldts.
Das Vermächtnis, welches mitten im Parque Ayacucho steht, ist eine gelungen Ehrung an Alexander von Humboldt. Dieses Geschenk der Bundesrepublik an die Menschen in Cumaná, die stehen bleiben, das Vermächtnis betrachten und die Zitate Humboldts lesen. Dadurch bekommt jeder Betrachter die Chance die Vielseitigkeit des deutschen Denkers kennenzulernen- und nachzudenken.«
Jetzt ist es längst verständlich geworden, wie sich dieser Beitrag in meinem Blog schleichen konnte. Humboldt ist für mich ein großes Vorbild in jeder Hinsicht. Ohne mich mit dessen Größe vergleichen zu wollen, startete auch ich meine Forschung, ob und was wir von der Kreativität der Natur für unsere Gestaltungsprozesse lernen könnten, in Venezuela. Die dortige Schönheit und der Reichtum der Natur faszinierte mich, und ich wünschte mir, meine Studierenden könnten diese Begeisterung teilen. Ich brauchte Jahre, um die Erkenntnisse in einer wissenschaftlich basierten Dissertation an der TUM umzusetzen, und nochmals ein paar, um sie ganzheitlich in einem gefühlten Sachbuch zu publizieren formatio naturalis Auf den Spuren der Gestaltungskunst der Natur und was wir von ihr lernen können.
Wer Interesse an Naturforschungen hat, sollte sich unbedingt mit Humboldt beschäftigen. Natürlich lohnt sich, auch mein Buch zu lesen, zumindest für alle, die gerne die Natur und Vorgänge in der Natur verstehen wollen. Letzteres beinhaltet insbesondere den Blick eines Zitats von Humboldt:
»Der Mensch findet Echo und Resonanz seinerselbst in der äußeren Natur, weil er dieser untrennbar angehört.«